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Demokratie im digitalen Wandel


Moritz Leuenberger 4. Mai 2021

Die Gedankenkönnen Sie in etwas anderer und kürzerer Fassung auch auf YouTube sehen (Ansprache am Digitaltag in Solothurn am 10. November 2021 in Solothurn) :

 https://youtu.be/J6gX9Je_5hM 

 

TA-SWISS untersucht Auswirkungen von neuen Technologien, weil diese die Gesellschaft ebenso stark verändern wie politische Visionen. Beide, Technologien und Überzeugungen, beeinflussen sich wechselseitig. Die Auswirkungen der Digitalisierung auf demokratische Strukturen und gesellschaftliche Grundhaltungen bilden ein enges Gewebe, aus dem Ursache und Wirkung kaum voneinander entflochten werden können. Diese Zusammenhänge analysieren zu wollen, gestaltet sich umso schwieriger, als weder Digitalisierung noch Demokratie klar umschriebene Begriffe darstellen.

Ursprünglich bedeutet Digitalisierung die Umwandlung von analogen Informationen in digitale Formate und wird also als Technologie begriffen. Oft wird sie aber mit sozialen Medien, dem Smartphone oder dem Internet gleichgesetzt.

Nicht minder vielfältig ist das Verständnis von Demokratie. Es reicht von der blossen Abstimmung über Mehr- und Minderheit bis hin zur inhaltlichen Gestaltung einer Gemeinschaft, die ohne rechtsstaatliche oder menschenrechtliche Garantien nicht demokratisch sein kann.

 

Es wäre daher vermessen, den digitalen Einfluss auf die Demokratie wissenschaftlich aufarbeiten und wertfrei ausleuchten zu wollen. Jede Arbeit zu diesem Thema bleibt zwangsläufig eine Momentaufnahme aus einem beschränkten Blickwinkel. Dennoch sieht es die Stiftung TA-SWISS als ihre Aufgabe an, die Thematik anzugehen. Jede Demokratie, ob repräsentativ oder direkt, verändert sich laufend in ihren Formen und Inhalten. Die stete Diskussion darüber, wie und warum dies geschieht, ist Bestandteil des demokratischen Prozesses selber.

 

Wir möchten digital bedingte Veränderungen politischer Abläufe allen aufzeigen, die in unserer Demokratie Verantwortung wahrnehmen: den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern, den Parlaments- und Regierungsmitgliedern, den Verwaltungen und überhaupt allen, die das politische Geschehen beeinflussen.

 

Bemerkungen zu den erteilten Studien

TA-SWISS hat daher 2019 ein interdisziplinär ausgerichtetes Projekt ausgeschrieben, um die Chancen und Risiken der sich digitalisierenden Demokratie aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu untersuchen. Um Chancen zu nutzen und Risiken zu reduzieren, sollten Empfehlungen und Richtlinien erarbeitet und so eine Diskussion zum Thema angestoßen werden. Zwei Elemente stellten wir dabei in den Vordergrund: die politische Meinungsbildung und die politische Beteiligung (Partizipation).

 

Um eine einseitige Ausrichtung zu vermeiden, wurde das Projekt modular aufgebaut und mehrere Gruppen zur Eingabe von Offerten für Studien eingeladen. Beauftragt wurden schliesslich gfs.bern, der Dachverband Jugendparlamente DSJ und das Dezentrum.

-         gfs setzt sich mit den Auswirkungen digitaler Medien (social media) auf die Meinungsbildung und Partizipation auseinander.

-         DSJ analysiert, wie die Jugend heute digital partizipiert und wie eine Plattform entwickelt werden könnte, die möglichst viele Menschen bedient.

-         Dezentrum stellt sich mit fiktiven Szenarien und Geschichten mögliche künftige Demokratieformen vor und bringt diese in spekulativen Artefakten zum Ausdruck.Ziel dieses Ansatzes ist es, der Diskussion mit konkret vorstellbaren Beispielen eine Grundlage zu geben.

 

Unabhängig von diesen Studien wirft die Thematik Fragen auf, die einer politischen Diskussion bedürfen und daher einer wissenschaftlichen Annäherung schwer zugänglich bleiben.

 

Einige dieser Fragen werden im Folgenden aufgenommen und nicht wissenschaftlich, sondern politisch skizziert.

 

  1. Die verschiedenen Geschwindigkeiten digitaler und demokratischer Prozesse

 

Die Geschwindigkeiten digitaler und demokratischer Prozesse klaffen zunehmend auseinander und werden als inkompatibel empfunden. Politische Abläufe, so wird moniert, müssten sich ebenfalls wesentlich beschleunigen, um mit den globalen Veränderungen Schritt zu halten.

 

Es gibt Fälle sachlicher Dringlichkeit, denen die politischen Abläufe in der Schweiz mit ihrem langwierigen Verfahren von Vernehmlassungen und Konsultationen oder der Differenzbereinigung zwischen National- und Ständerat nur schwer genügen. Dennoch wurden beispielsweise bei der Gründung der Fluggesellschaft swiss oder der Rettung der UBS Wege gefunden, die ein schnelles Handeln innerhalb der verfassungsmässigen Bestimmungen erlaubten. Verspätete oder zu langsame Reaktionen von Bund oder Kantonen, wie etwa während der Corona Pandemie, waren nicht die Folge von fehlenden rechtlichen Grundlagen, sondern lagen in den politischen Lageeinschätzungen oder in Kompetenzkonflikten zwischen Kantonen und dem Bund begründet. Ein schnelleres Handeln war jedenfalls nicht durch Verfassung oder Gesetze verunmöglicht. Es ist auch in der föderalen Schweiz möglich, eine Gesetzesgrundlage für rasches Handeln zu finden und somit demokratische Anforderungen zu erfüllen.

 

Hingegen ist es falsch, die Geschwindigkeit der Abläufe, wie sie digitale Technologien erlauben, auch auf diejenigen in einer Demokratie übertragen zu wollen. Der Prozess der Meinungsbildung in unserer Demokratie will ganz bewusst widersprüchliche Auffassungen austarieren, Kompromisse ermöglichen und auch die notwendige Zeit für ein Umdenken aller Betroffenen garantieren. So braucht die Vorbereitung jeder Volksabstimmung Zeit, damit Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sich ihre Meinung bilden und sie allenfalls auch ändern können. Das ist denn auch der Unterschied zwischen einer Meinungsumfrage, welche die unvorbereiteten Befragten telefonisch mit einer Frage konfrontiert, und einer Abstimmung, der eine ausgiebige demokratische Diskussion vorangeht.

Die digital mögliche und in autoritären Regimes übliche Geschwindigkeit des politischen Handelns auf Gemeinschaften zu übertragen, in denen die Akzeptanz aller Betroffenen notwendig ist, entspricht nicht dem Grundgedanken der Demokratie. Dezentrum illustriert dies in einem seiner dystopischen Szenarien einer künftigen Demokratie.

 

Deshalb können wir die Entwicklung der Technologie und der Politik nicht Expertinnen oder Algorithmen überlassen. Das Allgemeinwohl zu bestimmen, ist in einer Demokratie die Sache aller. Sie erfordert Zeit und Sorgfalt, auch im digitalen Zeitalter.

 

  1. Digitale Gräben als Gefahr für die Demokratie

 

Führt Digitalisierung zu diskriminierenden Gräben zwischen Bürgerinnen und Bürgern? Wird diskriminiert, wer sich online nicht auf dem neuesten Stand der Informatik bewegen kann?

 

Stehen auch dem offline-Bürger alle staatlichen Dienstleistungen zur Verfügung oder fällt er durch die Maschen, weil er digitale Technologien und Medien nicht nutzen kann oder will?

 

Dank Digitalisierung können Informationen und Dienstleistungen der Verwaltung viel schneller erbracht werden. Was zunächst ein unbestreitbarer Vorteil für alle Betroffenen ist, kann zu Benachteiligungen führen. Es widerspricht der verfassungsrechtlich garantierten Rechtsgleichheit, wenn Menschen, welche im Umgang mit digitaler Technik nicht oder ungenügend ausgebildet sind, vom Zugang beispielsweise zu lebensrettenden Massnahmen ausgeschlossen werden. Dies war dort der Fall, wo ältere Menschen und Risikopatienten beim Start der Covid 19-Impfungen faktisch ferngehalten wurden, weil sie den unübersichtlich und unnötig komplizierten Verfahren ohne fachtechnischen Sukkurs nicht gewachsen sein konnten.

 

Nicht wenige Staaten, die auf eine rasche und flächendeckende Umsetzung von E-Government gesetzt haben, vermelden auch Rückschläge im Kontakt mit ihren Bürgerinnen und Bürgern: Die Umstellung auf die digitale Kommunikation mit ihren Online-Formularen, auf den digitalen Zahlungsverkehr und die parallel dazu abgeschafften telefonischen Kontaktmöglichkeiten, das Schliessen von Schaltern und Büros, ohne dass analoge Alternativen möglich blieben, führen nicht automatisch zu mehr Effizienz. Vielmehr drohen sie, den Draht zum Bürger oder zur Bürgerin zu kappen. Frustration und Widerstand können sich dabei gegen staatliche Strukturen richten, wenn es nicht mehr möglich ist, sich auf einem Amt mit einer Person direkt über ein administratives, für die Betroffenen vielleicht existenzielles Problem auszutauschen.

Eine Demokratie muss allen das Recht auf Zugang zu staatlichen Dienstleistungen garantieren, auch Analphabeten und Illetristen oder jenen, die sich –  aus welchen Gründen auch immer –  offline bewegen müssen oder wollen. Dazu gehört das Anrecht auf ein minimales Zeitfenster für das persönliche Gespräch an einem Schalter oder am Telefon, um etwas erklärt zu bekommen oder auf alternative Lösungsvarianten hingewiesen zu werden. Solches vermag ein digitaler Bot nicht zu erbringen. Zu diesem Schluss kommt auch der DSJ und plädiert für hybride Partizipationsformen.

 

  1. Soziale Medien

 

Soziale Medien, Inbegriff digitaler Entwicklung, haben eine entscheidende Bedeutung für die Demokratie. Die Zwiespältigkeit jeder neuen Technologie zeigt sich bei sozialen Medien beispielhaft. Die öffentliche Diskussion kreist wohl deshalb hauptsächlich um ihre Gefahren für die Demokratie, weil ihre Eigentümer erfolgreich ein weltweites Oligopol zu errichten wussten, das u.a. von Finanzpotentaten und Politikern systematisch zu Machtakkumulation und zum Schaden der Demokratien genutzt wird.

 

Soziale Medien vermochten jedoch Demokratien entscheidend zu beleben, auch in der Schweiz. Davon zeugen die Erfolge von «Operation Libero» ebenso wie die der «Freunde der Verfassung». Auch die Verbreitung der Meinung einzelner Personen und ihre Rezeption durch eine Vielzahl anderer Menschen wurde dank sozialer Medien möglich. Doch der Missbrauch zum Schaden der Demokratie und die kommerziell bedingte, systematische Flucht der Betreiber aus gesellschaftlicher Verantwortung und Kontrolle unterstreicht, wie nötig staatliche oder supranationale Regulierung ist.

So betont gfs.bern, wie wichtig es ist, die Auswirkung der Digitalisierung auf die politische Meinungsbildung zu erkennen und soziale Medien entsprechend zu regulieren (Handlungsempfehlung Nr. 6).

 

 

  1. Personalisierte Beeinflussung von Wählerinnen und Wählern

 

Soziale Medien ermöglichen die gezielte und personalisierte Beeinflussung von Wählerinnen und Wählern. Dies, so eine häufige Befürchtung, untergrabe die eigentliche Aufgabe, in einer Demokratie nicht in erster Linie die eigenen Interessen, sondern diejenigen des Gemeinwohles zu vertreten. Dazu sei ein Austausch über die eigenen Kreise hinweg notwendig. Andernfalls würden sich Gleichgesinnte in einer «Blase» abkapseln, wodurch ein gemeinsames aufeinander Eingehen verloren gehe. Als Folge erodierten auch Anliegen von Minderheiten, die ein unabdingbare Bestandteil unserer Demokratie bildeten.

 

Die Studie von gfs.bern weist zwar nach, dass dieser Echokammereffekt auf den gängigsten Plattformen bisher nur gering ausgeprägt ist (siehe Studie gfs.bern, Kapitel 4.4.1.). Auch gibt es gezielte verführerische Apelle, an der Urne die eigenen Interessen zu vertreten, nicht erst dank digitalen Technologien. Jedoch wird das Gemeinwohl durchaus auch in den digitalen Medien vertreten. Die manipulative Verbreitung von falschen Tatsachen gab es stets in jeder Demokratie, obwohl sie deren Grundprinzipien gefährdet. Diese Gefährdung potenziert sich aber, je professionalisierter und gezielter diese Manipulationen erfolgen.

 

Auch die Abschottung Gleichgesinnter gab und gibt es im analogen wie im digitalen Umfeld. Wie andere Erscheinungen, die jetzt in digitalen Zeiten besonders akzentuiert auftreten, sind sie zwar keine direkte Folge einer digitalen Technologie. Sie wirken aber aufgrund der globalen Vernetzung entsprechend ausgeprägter als in analogen Zeiten. Die so ermöglichten Dimensionen vervielfachen das Gefahren- und Missbrauchspotential, unter anderem deswegen, weil sie durch nationale Gesetze kaum eingedämmt werden können.

 

Selbst wenn die Technologien bloss die Infrastruktur für Missbräuche darstellen, so sind sie doch eine Mitursache dafür, dass diese Missbräuche und ihre undemokratischen Folgen verbreitet werden. Es ist daher eine Herausforderung, Technologien so zu reglementieren, dass sie die Errungenschaften der Demokratie nicht unterhöhlen. Dieser Grundsatz gilt unabhängig von den beschränkten Möglichkeiten eines einzelnen Staates, global tätige Technologiekonzerne regulieren zu können.  

 

5. Digitale Technologien und Grundwerte der Demokratie

 

Digitale Technologien errechnen ökonomische Werte und Zusammenhänge. Werte, auf denen Religionen, Philosophien oder die Zivilisation gebaut sind, vermögen sie nicht zu erfassen. Gefährden sie deshalb mit ihrer Allgegenwart auch die Grundlagen, auf denen die Demokratie aufgebaut ist, und erodiert so allmählich der gesellschaftliche Zusammenhalt, den sie schaffen will?

 

So wird etwa kritisiert, dass im Versicherungswesen einschliesslich der Krankenkassen dank digitaler Technologien die Querfinanzierungen zwischen Risikogruppen für jedermann ersichtlich aufgezeigt wird. Dies, so die Bedenken, beschleunige den Zerfall des Solidaritätsgedankens, der einer Versicherung innewohne. Insbesondere das frühzeitige Wissen um vorbestimmende Krankheiten stelle die Grundhaltung, wonach jedes menschliche Leben gleichberechtigt sei, in Frage.

 

Die Gleichberechtigung von sprachlichen, religiösen oder ökonomisch schwächeren Minderheiten ist jedoch der politische Wille unserer Demokratie. Um dies zu erreichen, wurden zahlreiche Formen von Querfinanzierung geschaffen. Wesentlich ist die inhaltliche Diskussion über diesen Ausgleich. Sie ist für eine demokratische Gesellschaft entscheidend und diese hat sich ihnen zu stellen, gerade wenn sie permanent mit detaillierten Erkenntnissen über Kostenverursacher konfrontiert wird. Es entspräche aber nicht demokratischen Prinzipien, wenn Fakten verschleiert würden, um diesen Grundgedanken nicht zu gefährden. Wenn die Solidarität in Gefahr ist, dann nicht wegen der digitalen Technologie, sondern wegen der politischen Gewichtung gesellschaftlicher Werte.

 

 

 

 

 

  1. Führt Digitalisierung zu binären Denk- und Verhaltensmustern?

 

Digitaltechnik nutzt meist ausschliesslich binäre Werte, die nur die beiden Zustände 0 oder 1 annehmen können. Die systematische Konfrontation mit binär konditionierten Bots statt mit differenziert reagierenden Menschen zwingt uns in Denkmuster, die keine analogen Erklärungen oder Differenzierungen zulassen. Gleichzeitig beobachten wir eine zunehmende Polarisierung in allen Demokratien, wo nur entweder für oder gegen eine Vorlage, für oder gegen eine Meinung entschieden werden kann. Differenzierungen und Grautöne bleiben aus.

 

Ist dies ein zufälliges Zusammentreffen eines gesellschaftlichen und eines technologischen Phänomens, oder gibt es einen Zusammenhang zwischen den beiden Entwicklungen? Es entspricht jedenfalls das binäre Verhaltensmuster des Entweder / Oder nicht dem inneren Wesen einer Demokratie.

 

Ob Konsumentin oder Staatsbürger, ob Kundin, Klient oder Patientin, wir werden alle zu einem binären Verhalten konditioniert, das wir früher in analogen Beziehungen, als wir uns gegenüber anderen Menschen erklären konnten, zu vermeiden wussten. Wir mutieren so zu binären Wesen, die nur noch Mäh oder Bäh blöken dürfen. Diese Tendenz greift die Substanz heutiger Demokratien an und führt dazu, dass die Summe von wahren, von zweifelhaften und von bewusst falschen Fakten viele überfordert. Sie fliehen in blosse Meinungen und verweigern sich so einer rationalen Auseinandersetzung. Das ist einfacher und wird von manchen politischen Führungsfiguren gepflegt: «Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.»

 

Auch das Wesen einer Demokratie wird immer wieder auf die Abstimmung zwischen Mehrheit und Minderheit reduziert. Dies war auch in analogen Zeiten schon der Fall. Demokratie ist aber mehr als das Eruieren einer Mehrheitsmeinung. Ebenso wichtig ist es, Minderheiten zu berücksichtigen und Zwischenlösungen zu finden. Alle sollen sich in einem Entscheid finden können, auch Minderheiten, auf die gehört wurde, auch Überstimmte, auf deren Argumente eingegangen wurde. Ein demokratischer Entscheid berücksichtigt daher die Gesamtheit der Bedürfnisse und Interessen.

 

Demokratisches Denken ist ein analoges Verhalten, das in Bewusstsein, Erinnerung, Hoffnung und unerwarteten Verknüpfungen besteht, von der Kraft zur Fantasie und zur Assoziation lebt. Dies befähigt zu kreativer Suche und zum assoziativen Finden von neuen Lösungen, die im binären Entweder / Oder oft gar nicht gefunden werden können. Diese schöpferische Fähigkeit, frei von den auseinanderklaffenden Interessen der Pole, erlaubt, Gegensätze aufzuheben. Nur sie findet Lösungen, in denen sich verschiedene Minderheiten finden können. In diesem Sinne ist Demokratie sowohl auf digitale als auch auf analoge Innovation angewiesen. Erst dies entspricht ihrer inneren Bedeutung.

 

  1. Die Förderung von innovativen digitalen Projekten zugunsten der Demokratie

 

Parallel zu diesen, eher skeptisch diskutierten Entwicklungen beobachten wir digitale Innovationen, welche es erleichtern, demokratische Verantwortung kreativ wahrzunehmen. Auf politischer Ebene wird in unserer Demokratie Innovation derzeit von unzähligen Akteuren vorangetrieben, die eine digitale Dienstleistung anbieten – bspw. auf Plattformen für Ideenaustausch, für politische Information und Einmischung. So fördert engage.ch die politische Partizipation von Jugendlichen; Smartvote bietet digitale Systeme zur Wahlunterstützung an; wecollect.ch ermöglicht die Online-Unterschriftensammlung, und petitio.ch greift lokale politische Themen auf und fördert die politische Beteiligung an denselben.

 

Dies sind alles Projekte, welche die ursprüngliche Bedeutung des Citoyens in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung neu aufnehmen und ihnen einen neuen Sinn verleihen. Dies führt mitunter zu einer «Verwesentlichung» der Demokratie, etwa wenn Unterschriften für ein Referendum oder eine Initiative schnell gesammelt werden und eine politisch umstrittene Frage rasch entschieden werden kann.    

 

 

  1. Demokratie ohne Wandel ist keine Demokratie

 

Digitalisierung verspricht Hoffnungen. Wir können sie einlösen, wenn wir sie im ursprünglichen Sinn unserer Demokratie nutzen und gleichzeitig die Gefahren des Missbrauches bannen, sei dies national, supranational oder global.     

Unsere Demokratie hat sich über Jahrhunderte immer wieder stark verändert. Das zeigt nicht nur die Verfassungsgeschichte, sondern auch der gesellschaftliche Wandel. Sie wird auch künftig Veränderungen unterworfen sein. Dies ist ihr Wesensmerkmal. Eine Demokratie darf nicht zu einem Ritual erstarren. Nur eine Demokratie, die sich verändert, bleibt eine lebendige Demokratie.

 

ML

Demokratie im digitalen Wandel